Sai Baba unter Verdacht
(Letzter Bericht: 7/2000, 238 ff)
Ulrich Dehn
Mitte Dezember 2000 wurde in den Meldungen deutscher Tageszeitungen (u. a. FAZ 16. 12. 2000) von mutmaßlichen pädophilen Ausschweifungen des in dem indischen Puttaparthi residierenden Gurus Sai Baba (geb. 1926) berichtet, unter Berufung auf einen Artikel im indischen Nachrichtenmagazin "India Today". Von einigen Zeitungen wurde dabei das Wort "Sodomie" übernommen, das im Englischen für Homosexualität steht.
Sai Baba, der sich selbst als Manifestation der "allgegenwärtigen, höchsten Wirklichkeit, die in den meisten Religionen als Gott bezeichnet wird" betrachtet (so die Homepage http://www.sathyasai.de/), ist inzwischen mit erheblichem Reichtum und blendenden Beziehungen in höchste politische Kreise hinein gesegnet. Bekannt geworden ist er insbesondere durch angebliche spektakuläre Wunderheilungen und eine mutmaßlich charismatische persönliche Ausstrahlung, die jeden beeindruckt, der eine Audienz bei ihm genoss. Die Mitgliedschaft seiner Bewegung ist aufgrund fehlender organisatorischer Strukuren schwer zu beziffern, wird aber auf mehrere Millionen geschätzt, mit ca. 50 Gruppen in Deutschland.
Manche der "Wunder" des Gurus wurden in Augenzeugenberichten als
Tricks beurteilt, und ebenfalls wenig vorteilhaft sind die
Berichte, die seit einigen Monaten unter dem Titel "The Findings"
im Internet standen und zu Händen eines Londoner Rechtsanwalts
gedacht sind. Hier berichten zahlreiche inzwischen erwachsen
gewordene Kinder von Sai-Baba-Anhängern über ihre Begegnungen
mit dem selbst ernannten göttlichen Meister, in denen es u. a.
zum sexuellen Missbrauch kam. Das gegenseitige Einölen von
Geschlechtsteilen und Masturbation seien heilswirksame
Handlungen, sei den damaligen Kindern erklärt und mit ihnen
praktiziert worden. Aus Deutschland, Großbritannien, Schweden,
Italien, Zypern, Iran, Kanada Neuseeland, USA, Australien und
Indien haben sich Betroffene zu Wort gemeldet, die die
Gesamtzahl auf mehrere hundert Kinder schätzen. Auch aus Indien
gibt es, entgegen einigen Zeitungsmeldungen, Berichte. Im
Unterschied zu praktizierter Homosexualität, die in Indien
strafbar ist, gelten die berichteten pädophilen Praktiken
allerdings nur als "unnatürliche Akte", nicht aber als
justiziabel.
Die ohnehin nicht sonderlich üppige Website der deutschen Sai-Baba-Bewegung äußert sich bisher nicht zu den Vorwürfen, die internationale Internet-Seite (http://www.sathyasai.org/) war nicht erreichbar.
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